30.11.2023

Die sozial-ökologische Strategie des Papstes

Der Papst in Dubai. Auf dem Weltklimagipfel. Das wäre es gewesen! Eine kleine Sensation, nicht nur in der katholischen Welt. Nun bleibt es beim Konjunktiv. Leider. Aus gesundheitlichen Gründen musste Papst Franziskus kurzfristig seine Teilnahme absagen. Aber auch jetzt ist er einer, der den Himmel bestürmt, damit das Leben auf der Erde lebbar bleibt; zugleich ein unermüdlicher Mahner, der wenige Wochen vor Beginn der Weltkonferenz in seinem Schreiben Laudate Deum „bis zum Überdruss“ darauf bestehe: „Alles ist miteinander verbunden", und ,,Niemand rettet sich allein" (LD 19). So nimmt es nicht wunder, dass der Papst der Weltgemeinschaft ein weiteres Mal ins Gewissen redet: „Hören wir endlich auf mit dem unverantwortlichen Spott, der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches, ‚Grünes‘, Romantisches darstellt, das oft von wirtschaftlichen Interessen ins Lächerliche gezogen wird.“ Vielmehr handelt es sich um ein grundlegendes menschliches und soziales Problem, das der „Beteiligung aller“ bedarf. Und ja, der Papst spricht tatsächlich davon, dass man „einen gesunden Druck“ aufbauen müsse, denn es steht nicht weniger das Schicksal und die Zukunft künftiger Generationen auf dem Spiel (LD 58).

Doch Papst Franziskus belässt es nicht nur bei frommen Worten und moralischen Appellen, sondern legt einen Strategieplan vor, der auch dieses Mal unter den Kongressteilnehmern eine ähnlich Wirkung entfalten könnte wie schon seine sozial-ökologischen Enzyklika „Laudato si“, die seinerzeit auf den Fluren des Weltklimagipfels in Paris 2015 das am meisten diskutierte Papier war. Damals hatte es einen Durchbruch in den Verhandlungen gegeben, insofern sich die Weltgemeinschaft darauf verständigt hatte, den Anstieg der Erderwärmung unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten, möglichst unter 1,5 Grad Celsius. Nun also müssen die Beschlüsse aus dem „Paris Agreement“ umgesetzt werden, um bis zur Mitte des Jahrhunderts die klimaschädlichen Emissionen auf Null zu vermindern und das sog. „Net Zero“ zu erreichen. „Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein“, so der Papst, was aber voraussetzt, dass die Beschlüsse zur Energiewende „effizient, verpflichtend und leicht zu überwachen (readily monitored)“ seien (LD 59) Das verlangt aber eine „Globale Bestandsaufnahme“ (Global Stocktake: GST) und einen raschen, gerechten und ausgewogenen weltweite Emissionsminderung (Mitigation): den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl und Gas) in allen Sektoren sowie einen gerechten Übergangsrahmen mit einem festgelegten globalen Ziel für erneuerbare Energien sowie den vereinbarten 100 Milliarden Fonds zur Klimafinanzierung (Climate finance) für Verluste und Schäden (Loss and Damage), der leicht zugänglich und umfassend sein muss, gestützt auf die Menschenrechte und das Subsidiaritätsprinzip im Sinne des Gemeinwohls.

Letztlich gibt es keine dauerhaften Veränderungen ohne kulturelle Veränderungen" (LD 70), so Papst Franziskus, und wer weiß, was er der Weltgemeinschaft noch ins Stammbuch geschrieben hätte. Grundlegend sind Einstellung, Haltung und Verhalten der Menschen zu ihrer Mit-, Nach- und Umwelt: „Machen wir also Schluss mit der Vorstellung eines autonomen, allmächtigen, unbegrenzten Menschen und überdenken wir uns selbst, um uns auf eine demütigere und umfassendere Weise zu verstehen.“ (LD 68) Vielleicht liegt hierin der Schlüssel für einen historischen Wendepunkt auf dem Gipfel in Dubai – auch ohne den Papst.