22.06.2023

„Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!“

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! Dies gilt nicht nur für den Bildungserfolg und den erfolgreichen Start in das berufliche Leben, sondern auch für die gesellschaftliche Teilhabe. Doch die Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) 2021 zeigen: Jedes vierte Kind verfügt am Ende der vierten Klasse nicht über die Lesekompetenzen, die es zur Bewältigung der Anforderungen im weiteren Schulverlauf bräuchte.

Die Ursachen für dieses erschreckende Ergebnis lassen sich laut der Studie unter anderem auf die Corona-Pandemie sowie steigende Zahlen von Schüler:innen mit Fluchtgeschichte zurückführen. Doch das tatsächliche Problem liegt tiefer. Schon seit 2001 nimmt der Anteil der Kinder, die den international festgelegten Mindeststandard nicht erreichen, zu. Dabei sind Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern sowie Familien, in denen nie oder nur selten Deutsch gesprochen wird, besonders betroffen. Überall da, wo die Eltern ihre Kinder nicht selbst beim Lesen lernen unterstützen können, kann auch das Bildungssystem dies nicht leisten.

Die Kosten für diese Bildungsungerechtigkeit tragen nicht nur die Kinder selbst, sondern sie betreffen die gesamte Gesellschaft. Sowohl für den Arbeitsmarkt als auch besonders für die gesellschaftliche Teilhabe ist eine ausreichende Lesekompetenz unabdingbar. Denn nur wer verschiedene Meinungen in Texten erkennen und miteinander abgleichen kann, wer Widersprüche in ihm oder zum eigenen Wissen erkennt, der schützt sich selbst effektiv vor Desinformation. Wenn Textverstehen zur Schwerstarbeit wird, hat dies große Auswirkung auf die unabhängige Meinungsbildung, sodass die schwindenden Kompetenzen zu einer ernstzunehmenden Gefahr für unsere Demokratie werden.

Doch obwohl die Bildungspolitik beinahe jede Familie in Deutschland betrifft, bleibt ein Aufschrei aus der Mitte der Gesellschaft aus. Dabei ist es an der Zeit, endlich wirksame Maßnahmen zu entwickeln, um allen Kindern - unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund - gerecht zu werden. Dazu muss das einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen in den Blick genommen werden. Nur durch systematische Diagnostik und darauf aufbauende (individuelle) Fördermaßnahmen sind die verheerenden Folgen der abnehmenden Lesekompetenzen abzufedern. Um dies leisten zu können, braucht es jedoch kleinere Klassen, mehr Lehrkräfte, Sprachförderung in der Kita und vor allem Interesse an der Zukunft der Kinder. Denn so viel ist klar: Unsere Demokratie braucht selbstbestimmte Bürger:innen, die eine eigene Meinung bilden können!