12.02.2021

Klimafasten in Coronazeiten

„Blursdays“. Ein neues Wort macht in Coronazeiten die Runde in den sozialen Medien. Auf den Punkt gebracht wird mit dem Wort die Eintönigkeit der immer gleichen Abläufe. Ein Tag gleicht dem anderen. Jahreszeitliche Rhythmen verlieren ihre Reize und ihre Stimmungen: Advent, Weihnachten, die stillen Tage zwischen den Jahren, die Silvesterparty und der Neujahrsaufbruch, die Ausgelassenheit des Karnevals – eins gleicht dem anderen.

Blursdays. Mit dem Wort wird zugleich signalisiert, was fehlt, was den Reiz der einzelnen Tagesabläufe und der Jahreszeiten ausmacht: die sozialen Kontakte und gemeinsamen Aktivitäten. Bei aller Individualisierung und Autonomie, bei allen digitalen Möglichkeiten unserer Zeit, die uns die Not der Pandemie bewältigen helfen: Menschen sind soziale Wesen. Das Reizvolle (und Erfüllende) unseres Lebens sind die sozialen Kontakte und die Nähe zu anderen Menschen, die kein digitales Medium ersetzen kann.

Und jetzt die Fastenzeit – ausgerechnet jetzt. Eine Zeit des Rückzugs, des bewussten Verzichts, um eingefahrene Routinen und Abhängigkeiten zu überprüfen, wieder frei zu werden für das, was wirklich einem wichtig ist, Vorbereitung für einen neuen Frühling. Falscher Zeitpunkt nach der erzwungenen Isolation des Corona-Lockdowns?

Oder ist es nicht gerade jetzt wichtig, sich auf die Zeit nach Corona vorzubereiten: für einen Neuaufbruch, einen Frühling einer gerechten und schöpfungsfreundlichen Welt? Dazu rufen die katholische und evangelische Kirche, Bistümer und Landeskirchen, gemeinsam zu einer Aktion „Klimafasten“ auf. Die Aktion Klimafasten bietet über das digitales Portal www.klimafasten.de Anregungen für die sieben Fastenwochen, Impulse zum Nachdenken, aber auch Veranstaltungen und die Möglichkeit der Vernetzung mit anderen. Ähnliche Anliegen verfolgt die diesjährige Misereor Fastenaktion unter dem Motto „Es geht! Anders.“ Jeweils donnerstagsabends wird in der Fastenzeit zu digitalen Stammtischen mit Gesprächsimpulsen eingeladen: www.misereor.de

Die Fastenzeit könnte die Zeit sein, aus der Eintönigkeit der Blursdays aufzubrechen. Und sich einzustimmen, gemeinsam mit anderen für eine bessere, für eine erlöste Welt zu streiten. Darin, in der Wahrnehmung der eigenen Verantwortung, liegt die Chance, in krisenhaften Zeiten „Solidarmilieus“ (Joseph Vogl) zu entwickeln.

Detlef Herbers