16.12.2021

Europa vor der Haustür

Das tägliche Bild auf unseren Autobahnen: Die rechte Spur wird fast ausschließlich von Lkws befahren und auf den Autobahnparkplätzen stehen sie dann dicht an dicht. An Sonntagen, wenn das Lkw-Fahrverbot gilt, ist auch das letzte Eckchen Parkmöglichkeit ausgenutzt. Woher kommen die Lkw und wohin fahren sie? Was transportieren sie? Was kostet den Fahrerinnen und Fahrern die meiste Kraft hinter dem Lenkrad? Und wie verbringen sie die vorgeschriebenen Ruhepausen?

Nach Auskunft der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) fehlen in Deutschland mehr als 23000 Lkw-Rastplätze. Was für die einen nur ein störender Faktor ist, ist für die anderen ein Gefährt, in dem sie einen großen Teil ihres Lebens verbrinden. Oft sind sie wochenlang von ihren Familien getrennt. Sie fahren durch Länder deren Sprache sie nicht sprechen. Die meisten sind unterbezahlt, arbeiten aber bei hoher Verantwortung in der Regel unter Zeitdruck. Und es kann ja so viel passieren – trotz höchster Aufmerksamkeit. Das Schlimmste ist: Viele Fahrer werden nachts bestohlen, manchmal ist die halbe Ladung weg. Deshalb sind auch die Ruhezeiten keine Erholung. Immer gilt es, in Alarmbereitschaft zu sein.

Die Briten können derzeit ein trauriges Lied davon singen, wie wichtig und unentbehrlich diese Berufsgruppe ist. Gerade auch wegen der Corona-bedingten Schutzvorkehrungen und aktuell auch in der dunklen Jahreszeit erleben die Fahrerinnen und Fahrer viele einsame Stunden, während viele Menschen zuhause eine behagliche Adventszeit verleben dürfen. Vielleicht lassen wir uns solche Gedanken durch den Kopf gehen, wenn wir wieder einmal über den Lkw-Verkehr stöhnen und geneigt sind, ungeduldig zu reagieren.

Burkhard Becker