21.10.2021

Die Fleischwende

Die Bundeslandwirtschaftsministerin warnt: Die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Fleischprodukten muss sichergestellt werden. Daher sei auf die Forderungen der Landwirte hinsichtlich der Tierhaltung einzugehen und ihnen Einschränkungen des Tierwohls zuzugestehen. Doch ist die Sorge der Ministerin berechtigt, dass die Ernährung der Deutschen gefährdet ist? Wenn von den 8,5 Millionen Tonnen Schlachtmenge in Deutschland 4, 8 Millionen Tonnen Fleisch hierzulande verzehrt werden, fällt es schwer einen Versorgungsmangel mit Fleisch zu erkennen. Und ist es wirklich notwendig, dass in Deutschland jede*r jeden zweiten Tag 300 g Fleisch isst? Rechtfertigt dies, das Tierwohl in Haltung und Transport einzuschränken? Eher braucht es eine „Fleischwende“.

Die Auswirkungen greifen noch weiter: Sechzig Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen dienen dem Futteranbau, also gerade nicht unmittelbar der Erzeugung von menschlicher Nahrung. Betrachtet man die Nutzung der Agrarflächen, könnte man glauben, wir würden uns zum größten Teil von Fleisch und Mais ernähren. Doch dient der Mais dem Futteranbau und dazu, die Biogasanlagen zu beliefern. Würden die Flächen, die mit Mais bestellt werden, stattdessen zum Teil als Blühwiese belassen und würde man den Landwirten den Mindereintrag subventionieren, wäre das Land reicher an Biodiversität. Zu einer Gefährdung der Ernährung der Bevölkerung käme es nicht.

Es braucht einen breiten, wissenschaftlichen Austausch darüber, wie die zur Lebensmittelerzeugung genutzten Flächen aussehen und wie sie genutzt werden sollten, und zwar auf Seiten der Produzenten und Konsumenten.

Burkhard Becker