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Selbsternannte Finanz-Coaches verkünden im digitalen Raum, wie einfach es sei, mit geringsten Mitteln, dem richtigen Mindset und in kürzester Zeit finanziellen Reichtum zu erlangen. Begleitet von teils abstrusen Versprechen ködern sie all jene, die mit Sorge auf ihren Kontostand blicken. Doch wer hinter die Fassaden dieser Finanzversprechen blickt, erkennt, dass es sich zumeist um nicht deklarierte Werbeveranstaltungen für Trading-Plattformen und Online-Broker handelt – oder gar um sogenannte Schneeballsysteme. Die Versprechungen solcher „Coachings“ zielen vor allem auf eines ab: die Hoffnung auf schnellen Reichtum. Das Phänomen veranschaulicht, wie selbstverständlich sich der Leitsatz eines erstrebenswerten monetären Reichtums gesellschaftlich verfestigt hat. Die Assoziation von finanziellem Reichtum mit Freiheit und Glück scheint unangefochten.
Ein Mindesteinkommen bzw. -vermögen ist unabdingbar, um in einer von Geld geprägten Welt zu (über-)leben. Versprochen wird all jenen mit geringen Einkünften, auch sie könnten den schnellen „Aufstieg“ schaffen. Dass dafür teils das letzte Ersparte investiert wird, um finanzielle Freiheit zu erlangen – die nur wenigen zuteilwird –, kann beim Verlust existenzbedrohend sein. Einige wenige prahlen öffentlich mit vermeintlicher Expertise, versprechen Unabhängigkeit in kürzester Zeit und bereichern sich an jenen, die kaum mehr haben, als sie zum Leben brauchen. Dabei wäre es möglich, Vermögen so zu verteilen, dass der sorgenvoll prüfende Blick auf den Kontostand nicht zur Regel wird. Doch derzeit erscheint das Versprechen vom schnellen Geld vielen als größere Chance auf Unabhängigkeit.
In Deutschland liegt über ein Drittel des Vermögens in den Händen des reichsten Prozents der Erwachsenen. Einen etwas geringeren Anteil teilen sich die ärmsten 90 Prozent. Nochmals: Ein Prozent besitzt so viel wie die unteren 90 Prozent zusammen. Kein Wunder also, dass viele sich fragen: Wie gelange ich an ein Stück des Kuchens, der mir bisher verwehrt blieb?
In einer Gesellschaft der Singularitäten scheinen alle den Kampf um Reichtum allein führen zu müssen. Doch wer ökonomische Sicherheit dem Einzelnen überlässt, macht soziale Verantwortung zum Spekulationsobjekt. Die Frage nach gerechter Verteilung ist keine Neiddebatte, sondern Ausdruck demokratischer Fürsorgepflicht. Es braucht eine politische Umkehr: weg von der Illusion individueller Selbstoptimierung, hin zu kollektiver Gerechtigkeit. Wie Martina Luft in ihrem Stand•PUNKT betont, wären eine angemessene Besteuerung von Einkommen und Erbe erste konkrete Schritte. Erst dann bleibt finanzielle Grundsicherung nicht länger dem Zufall oder dubiosen Versprechen überlassen.
Warum das Versprechen auf schnellen und finanziellen Reichtum so verlockend wirkt – und was dahintersteckt, analysiert Fabio Zanolli im aktuellen Stand•PUNKT.
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