08.04.2022

Auf dem Weg zu einer fairen Bezahlung?

Zur Zeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 € pro Stunde. Damit schützt er nicht vor Armut gerade in Zeiten hoher Inflation und reicht nicht aus, um soziale Sicherheit und Teilhabe zu ermöglichen. Wer ein Leben lang in Vollzeit für den Mindestlohn arbeitet, erhält eine Rente unterhalb des Hartz-IV-Satzes. Deshalb fordern die Sozialverbände eine Anhebung des Mindestlohns, die KAB z. B. auf mindestens 14,09 €. Das entspricht 60 % des derzeitigen Durchschnittseinkommens und ist die Untergrenze für einen Arbeitslohn, der Menschen nicht aus der Gesellschaft ausschließt, sondern ihnen Teilhabe ermöglicht. Der gesetzliche Mindestlohn zieht eine Grenze nach unten. Er ist eine Haltelinie gegen die Ausbeutung der Beschäftigten.

Zusätzlich zur materiellen Auswirkung für die Beschäftigten geht es auch um die Anerkennung für geleistete Arbeit. In der Corona-Pandemie richtete sich der Blick auf zu niedrige Löhne in der Pflege, der Logistik und weiterer „systemrelevanter“ Berufe. Hier wird deutlich, dass Lohn nicht nur Anerkennung für individuelle Leistung ist, sondern auch das Wertegefüge einer Gesellschaft widerspiegelt.

Befürchtungen bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, dass es zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen, zu Betriebsverlagerungen und einer Zunahme der Arbeitslosenzahlen kommen würde, haben sich als falsch erwiesen.Vielmehr gab es positive Effekte: Durch den gesetzlichen Mindestlohn wurde das Lohngefälle zwischen den west- und ostdeutschen Bundesländern verringert. Außerdem stieg die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten, da Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeits-verhältnisse umgewandelt wurden. Vor allem Frauen haben davon profitiert.

Dies alles spricht dafür, eine weitere Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes zu fordern.

Burkhard Becker