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The Conference House
Wenn sich die dreizehn Oberbürgermeister:innen aller Landeshauptstädte in einem Brandbrief zu Wort melden, hat das politisch Gewicht. Noch vor wenigen Wochen wurden in Nordrhein-Westfalen neue kommunale Gremien gewählt. Dafür, dass keine weitere, vermeintlich wichtigere Wahl anstand, war die Wahlbeteiligung NRW-weit mit 56,8 Prozent hoch (fünf Prozentpunkte höher als bei der letzten Wahl 2020). Wer jedoch einen Blick in die Wahlprogramme verschiedenster Parteien warf, fand dort passend zum Brandbrief insbesondere im Finanzkapitel viele Verweise auf Land und Bund. Altschuldenregelung, volle Übernahme der Sozialleistungen oder Investitionskostenzuschüsse waren wichtige Schlagworte.
Das mag für Bürger:innen vor Ort abstrakt klingen und (auch aufgrund der Ähnlichkeit entsprechender Forderungen) für die Wenigsten wahlentscheidend gewesen sein, ist aber für die Gestaltungsmöglichkeiten, die Kommunalpolitik vor Ort hat, entscheidend.
Ob als „perfekter Sturm“ für die Kommunalfinanzen oder als Brandbrief formuliert, die Kommunen sind in den letzten Jahren besonders von steigenden Kosten im Sozialbereich belastet gewesen. In der Mitträgerschaft der Jobcenter, als wesentliche Akteure der Kinder- und Jugendhilfe oder auch bei der Finanzierung kommunaler Krankenhäuser und Schulen sind sie für das Zusammenleben vor Ort verantwortlich. Dadurch tragen sie erhebliche finanzielle Lasten, auf die sie aufgrund der Rahmengesetzgebung auf Bundes- oder Landesebene nur begrenzten Einfluss haben. Die Dramatik der finanziellen Lage ist dabei eindrücklich: von 396 Kommunen in NRW gaben Anfang des Jahres nur zehn an, einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.
Während mit Blick auf die (im weiteren Sinne) sozialen Ausgaben der Kommunen die Forderung laut wird, höhere Kosten durch Gesetzgebung auch durch höhere finanzielle Zuweisungen auszugleichen, bleibt die Lage mit Blick auf die kommunalen Investitionen schwierig. In den letzten Jahren wurden immer mehr Investitionen durch Sonderprojekte mit europäischen, Bundes- oder Landesmitteln kofinanziert. Auch dem kommunalen Anteil am Investitionsbudget aus dem sogenannten „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“ droht in vielen Bundesländern ein ähnliches Schicksal: projektbezogene Anteilsfinanzierungen, die nur einen eingeschränkten Gestaltungsspielraum erlauben.
Dabei können Bürger:innen im Lokalen gerade mit Blick auf den eigenen Sozialraum am Ehesten die Wirkungen von Politik spüren. Wenn hier den kommunalen Entscheidungsträger:innen immer mehr Entscheidungsspielraum genommen wird, hat das keine positiven Auswirkungen auf das Vertrauen in staatliches Handeln. Es gilt also das Subsidiaritätsprinzip zu stärken. Mehr Kompetenzen und Flexibilität den Kommunen! Mehr vor Ort bitte!
Warum es dringend eine Stärkung der Kommunen als nahe Orte zum Erfahren von Demokratie und bürgerschaftlicher Verantwortung braucht, schreibt Gregor Christiansmeyer in seinem Stand•PUNKT.
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