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The Conference House
Der Rückzug der Kandidatur der renommierten deutschen Rechtswissenschaftlerin und Hochschullehrerin Frauke Brosius-Gersdorf ist ein unrühmliches Kapitel unserer Demokratie. In wenigen Wochen wurde die Kandidatin für den 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts durch Hetzkampagnen und Falschaussagen in social-media-Portalen gezielt als Aktivistin in der Abtreibungsfrage diffamiert. Dabei ließen sich auch Vertreter:innen der katholischen Kirche, wie der Bamberger Bischof Herwig Gössl, durch diese rechtspopulistischen Kampagnen täuschen und entschuldigte sich im Nachhinein für seine Aussagen bei Brosius-Gersdorf.
Die Eskalation um die Wahl der drei Richter:innen für die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts ist nur ein Beispiel von zahlreichen Angriffen auf Persönlichkeiten im politischen Fokus in den vergangenen Monaten. Es zeigt eine besorgniserregende Entwicklung auf und verdeutlicht ein viel tiefergehendes Problem: das zunehmende Erodieren unserer politischen Kultur. Zwar sind die ideologischen Grabenkämpfe noch längst nicht so stark ausgeprägt wie bei der Ernennung der Richter des Supreme Courts in den USA, aber die Geschichte der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland war immer eine des politischen Diskurses und vor allem des Kompromisses und nicht von ideologischen Grabenkämpfen.
Der medial vielfach beachtete Fall um Frauke Brosius-Gersdorf zeigt, dass wir dringend eine Rückkehr zu einer anderen politischen Kultur benötigen, in der politische Rivalen – gern auch hart – über Inhalte streiten, sich jedoch nicht als Feinde gegenüberstehen, die es mit allen – auch unfairen – Mitteln zu bekämpfen gilt. Erzbischof Udo Markus Bentz verwies bereits im Februar auf ebendiese Verrohung des politischen Diskurses und der politischen Kultur mit seiner Kampagne „WIR SAGEN ZUSAMMEN:HALT!“, denn es geht um nichts Geringeres als unsere Demokratie und darum, Schaden von den demokratischen Institutionen abzuwenden.
Warum wir eine Rückkehr zu einer wertschätzenden politischen Kultur benötigen und wir „ZUSAMMEN:HALT!“ gegen eine Verrohung des Diskurses sagen müssen, erläutert Robert Kläsener in seinem Stand•PUNKT.