27.05.2025

Solidarität heißt nicht Gefolgschaft - Freundschaft braucht Kritik

Direkt zu Beginn der israelischen Offensive auf Gaza – als Reaktion auf das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem über 1.100 israelische Bürger:innen ermordet und mehr als 200 Geiseln verschleppt wurden – stürmten Angehörige der Geiseln eine Regierungssitzung. Sie forderten keine Vergeltung, sondern Verhandlungen.

Die israelischen Historiker Moshe Zimmermann und Moshe Zuckermann – letzterer Sohn polnisch-jüdischer Holocaust-Überlebender – beschrieben schon im Mai 2023 die Netanjahu-Regierungskoalition volkstümlich als „‚voll und ganz rechtsorientiert‘ (), im Klartext: eine rechtsradikale Regierung, die eine rechtsextreme, rassistische Partei beherbergt, aber keine einzige Partei aus der sogenannten Mitte.“ Das Ziel dieser Regierung sei die Entmachtung des Obersten Gerichtshofs, um den Weg Richtung „Großisrael“ freizumachen. Zuckermann erinnerte an Deutschlands historische Solidarität mit Israel – und stellte deutlich klar: „Weiß man in Deutschlands politischer Klasse wirklich nichts von der jahrzehntelangen Barbarei des Okkupationsregimes? Dass man sich mit einem Land solidarisiert, das systematisch Völker- und Menschenrechte verletzt?“ (1)

Aus der Shoa erwächst eine besondere Verantwortung – ohne blind zu werden für völkerrechtswidriges Handeln. Es gibt keine Rechtfertigung, Jüdinnen und Juden in Deutschland oder anderswo für Israels Kriegspolitik verantwortlich zu machen. Genauso gibt es keine Rechtfertigung, Palästinenser:innen für Hamas-Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen. Am 1. November 2024 in New York wehrt sich Rabbi Dovid Feldman, deutlich als orthodoxer Jude erkennbar an Hut, Locken und Gebetsschal, in seiner Rede genau gegen das, was vorgeblich im Namen von Juden und im Namen seiner Religion getan wird. (2)

Verbrechen sind mit guten Gründen selbst für so grausame Zeiten wie Kriegszeiten verboten worden. Wer Kriegsverbrechen relativiert oder aus Loyalität verschweigt, verliert die moralische Orientierung. Wer Waffen liefert, die dabei zum Einsatz kommen, macht sich mitschuldig. Kriegsverbrechen sollten offen und direkt beim Namen genannt werden, gerade bei den engsten Partnern. Die Wiederholung von Kriegsverbrechen muss verhindert werden. Die indirekte Unterstützung durch Waffenlieferungen sollte Deutschland umgehend unterlassen.

 

Quellen und Hintergründe:

Bislang seit dem 7. Oktober 2023 bis zum Mai 2025:
1.200 Tote und 5.431 Verletzte in Israel, vor allem durch das Massaker der Hamas

53.655 Tote und 121.950 Verletzte im Gaza-Streifen

908 Tote und 8.194 Verletzte im Westjordanland

416 Tote und 2.668 Verletzte Soldat:innen der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) im Gaza-Streifen

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1417316/umfrage/opferzahlen-im-terrorkrieg-der-hamas-gegen-israel/ (Veröffentlichungsdatum: 23.5.2025)

(1) Moshe Zimmermann/Moshe Zuckermann, Denk ich an Deutschland. Ein Dialog in Israel, Westend-Verlag 2023, im letzten Kapitel.

(2) https://www.youtube.com/watch?v=YfABevhOs-E